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„Freies Projekt“

„Traue jemanden etwas zu, und er wird sich bemühen, diesem Vertrauen zu entsprechen“ (Don Bosco) – diesem Spruch stellt sich das Emil-Fischer-Gymnasium zum wiederholten Male und traut seinen Schülern der Klasse 7d besonders viel zu. Im Rahmen eines Freien Projekts sollen die Begabungen der Schüler herausgefordert werden, indem sie eigenständig ein Thema ihrer Wahl erkunden und erforschen und es im Rahmen einer schriftlichen Arbeit präsentieren.

Zur Gewährleistung einer individuellen Begabtenförderung haben die Schüler der Leistungs- und Begabungsklasse 7 seit Beginn des Schuljahres eine zusätzliche Aufgabe, die sich Freies Projekt nennt. Die Aufgabe der Schüler ist es, sich in einem Thema eigener Wahl zu Experten zu machen. Doch so leicht das klingen mag, so schwierig gestaltet sich bei manchen Schülern bereits die Wahl des Expertenthemas. Da die Themenfindung den Schülern vollkommen freigestellt ist, erstreckt sie sich bei Einigen über einen langen Zeitraum, da zunächst erst Interessen entdeckt und entfaltet bzw. auf deren Umsetzbarkeit im Rahmen der Projektarbeit überprüft werden müssen. Andere hingegen wissen sofort, wozu sie gerne ein Experte sein wollen und so beginnt die Arbeit der meisten Schüler im Spätherbst. Aber nicht nur die Themen, sondern auch Umfang und Gestaltung ihrer Projektarbeit und die Wahl der Informationsquellen sind den Schülern freigestellt. Dieses Zusammenspiel von Freiheit und Bindung stellt für jeden Einzelnen eine unterschiedlich große Herausforderung dar, wobei insbesondere das Zeitmanagement und Strategien der Informationsrecherche mitunter schwer fallen. Zur Kontrolle und Reflexion ihrer Fortschritte sowie im Prozess anfallender Fragen und Probleme, reflektieren die Schüler ihr Vorankommen in regelmäßigen Gesprächen mit mir.

Begleitet und betreut werden die Schüler während der Arbeit durch Mentoren. Die Schüler suchen sich selbstständig die unterschiedlichsten Mentoren. Mit ihnen korrespondieren sie über den Verlauf mehrerer Monate und lassen sich fachlich beraten. Auf diese Weise können sie mit Erwachsenen in einen anregenden Austausch jenseits von Schule und Unterricht treten, die für beide Seiten gewinnbringend ist. Bei regelmäßigen Konsultationen in der Schule stellen die Kinder ihre Arbeitsergebnisse vor, Erfahrungen und Probleme werden ausgetauscht und ihre Arbeitsweise reflektiert. Ich stehe lediglich als Berater zur Seite, die eigentliche Verantwortung für die Arbeit liegt bei den Schülern.

Der intensive Arbeitsprozess endet im Frühjahr mit der Fertigstellung einer schriftlichen Arbeit. Die darauf folgende Aufgabe der Schüler liegt darin, die öffentliche Präsentation ihrer Ergebnisse vorzubereiten. Hierzu kümmern sie sich eigenständig in Gruppen sowohl um Öffentlichkeitsarbeit, Moderation, Catering, Technik und Projektmanagement, so dass sie nun im Rahmen einer feierlichen Präsentation die Ergebnisse ihrer harte

n Arbeit angemessen vorstellen können. Wieder übernehmen die Schüler viel Verantwortung und können auf diese Weise Erfahrungen sammeln, die ihnen nicht nur bei ihrer weiteren Schullaufbahn, sondern auch in ihrem gesamten Leben nützlich sein werden.

Alle Schüler können im Rahmen dieser Arbeit individuell zeigen, was in ihnen steckt und wo ihre Stärken liegen – eine Möglichkeit, die sich in so einer individualisierten Form des Projektunterrichtes besonders gut realisieren lässt.

 

Sylvia Frank, Projektleiterin

 

                  jetzige Klasse 12

 

‚Meine erste Facharbeit‘ das klingt in der siebenten Klasse schon ziemlich mächtig. Wenn ich heute darauf zurückblicke und meine Arbeit lese, muss ich immer über mich schmunzeln.
2011 startete unsere Klasse als erste am EFG das „Freie Projekt“. Als unsere Klassenlehrerin Frau Frank uns von ihrem Plan berichtete, sah das ungefähr so aus: 20 Siebentklässler, die aufgeregt durcheinander wuseln und erst mal gar nicht so genau verstehen, was genau von ihnen gefordert wird. Und natürlich gab es ganz viele Fragen:
Wie lang ist so eine Facharbeit?
Was muss da alles rein?
Worüber soll bzw. darf ich schreiben?
Was ist eigentlich ein Mentor?
Wie und weshalb macht man das mit den Quellenangaben überhaupt?              …
Damals war das alles ziemlich neu für uns. Sonst hatte immer der Lehrer die Themen vorgegeben und mein längster zusammenhängender Text war zu dem Zeitpunkt vielleicht zwei Seiten lang. Doch Frau Frank stand uns zu jedem Zeitpunkt mit Unterstützung, Ratschlägen und Zusatzmaterial zur Seite. So bekamen wir Interessenfragebögen, die uns die Themenwahl erleichtern sollten, einen groben Zeitplan und einen detaillierteren zum selbst ausfüllen - schließlich musste gut geplant werden, wann die zusätzliche Arbeit untergebracht wird-und wir mussten ein Logbuch anlegen. Außerdem führten wir mehrere Bilanzgespräche und erhielten Methodentraining, also sollte es doch eigentlich gar kein Probleme mehr gegeben haben, oder doch?
Mir persönlich fiel schon die Themenwahl schwer, es musste etwas Neues her, schließlich sollten wir ja nicht einfach aufschreiben, was wir schon wussten. Aber so ganz aufs Glatteis und nur Unbekanntes wollte ich ebenso wenig. Auch mit dem Finden eines Mentors habe ich mich anfangs schwer getan. Einfach so mit einem fremden Erwachsenen zusammenarbeiten? Mein Logbuch mochte ich zu Beginn auch nicht so recht, lieber hätte ich gleich die Arbeit geschrieben, anstatt erst mal Zwischenziele festzulegen.
Heute bin ich in der elften Klasse und gerade dabei meine Seminararbeit zu schreiben. Rückblickend empfinde ich das „Freie Projekt“ als großen Erfolg und für mich persönlich sehr gewinnbringend. Nach den Startschwierigkeiten legten wir uns nämlich alle richtig ins Zeug und wurden auf unserer abschließenden, sogar öffentlichen Präsentation mit vielen Zuhörern, Urkunden und vor allem stolzen Eltern belohnt. Sicherlich haben wir damals keine fachwissenschaftlichen Meisterwerke verfasst, aber das errungene Wissen hat uns alle weiter gebracht. Während die anderen Klassen in der 9. Jahrgangsstufe beim Schreiben ihrer ersten Facharbeit ins kalte Wasser geworfen wurden, wussten wir schon, worauf es ankommt. Wir konnten strukturiert vorgehen und sparten so viel Zeit. Auch im normalen Schulalltag brachte uns das Projekt einiges. Wir haben gelernt, diszipliniert und fokussiert zu arbeiten, kennen unsere Stärken und Schwächen, wissen mit Herausforderungen und Stress umzugehen und auch uns und unsere Ergebnisse ansprechend zu präsentieren. Manchmal wünsche ich mir, ich würde für meine Seminararbeit genauso diszipliniert Logbuch führen wie ich es damals von Frau Frank gelernt habe.

 

Nathalie Kummer, ehemalige Schülerin des EFGs